Schutz vor Einstieg ins Rauchen

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Schutz vor Einstieg ins Rauchen

Im Gespräch mit Prof. Dr. med. Alex Möller, Pädiatrie

Tabakwerbung und Tabakkonsum von Kindern und Jugendlichen verursachen langfristig viel Leid bei den Betroffenen und ihren Angehörigen sowie hohe Kosten für das Schweizer Gesundheitswesen. Eine zentrale Ursache für mehr Tabakkonsum ist die Tabakwerbung. Die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» will hier einen Riegel schieben. Der Kinder-Lungenspezialist Prof. Dr. med. Alex Möller stellt sich kritischen Fragen.

Herr Möller, warum braucht es aus Ihrer Sicht die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak»?    
Kinder und Jugendliche sollen sich gesund entwickeln können. Die wirkungsvollste Tabakprävention ist es, Kinder und Jugendliche davor zu bewahren, überhaupt mit dem Rauchen anzufangen. Und um das zu erreichen, muss Tabakwerbung in der Schweiz endlich eingeschränkt werden. Es gibt in der Schweiz bis heute keinen effektiven, gesetzlich verankerten Jugendschutz gegen Tabakwerbung. Hier setzt die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» an. 

Die Initiative will Werbung für Tabak verbieten, «die Kinder erreicht». Was ist damit konkret gemeint? 
Werbung für Tabakprodukte soll nur noch dort erlaubt sein, wo sichergestellt ist, dass sie Kinder und Jugendliche nicht erreicht. Das tut sie aber besonders leicht z.B. auf Social Media oder bei Direktwerbung vor Ort und beim Sponsoring. Jugendliche reagieren schnell auf Verkaufsförderungsmassnahmen wie Rabatte, Wettbewerbe und Sponsoring. Deshalb soll auch das Sponsoring von Events, an denen Minderjährige teilnehmen und die Abgabe von Mustern an Jugendliche verboten werden. 

Ist der Tabakkonsum bei Jugendlichen in der Schweiz überhaupt noch ein Problem? Augenscheinlich scheint der Tabakkonsum bei Jugendlichen doch zu stagnieren.
Das trifft leider nicht zu. Fast ein Viertel der 17-Jährigen raucht gelegentlich oder regelmässig Tabakprodukte. Der Tabakkonsum Jugendlicher hat in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen sogar wieder zugenommen. Zudem locken vermehrt die neuen Produkte, welche die Tabakindustrie auf den Markt bringt. Für eine erfolgreiche Tabakprävention ist es jedoch zen-tral, dass gar nicht erst mit dem Rauchen angefangen wird. 

Hat Werbung wirklich Einfluss auf das Rauchverhalten von Kindern und Jugendlichen? 
Der Zusammenhang zwischen Tabakwerbung und Konsumverhalten generell und bei Jugendlichen ist durch zahlreiche Untersuchungen wissenschaftlich belegt. Tabakwerbung erhöht die Gesamtnachfrage. Dies gilt auch für Verkaufsförderungsmassnahmen wie Rabatte, Wettbewerbe und Sponsoring. Tabakwerbung unterminiert die Tabakpräventionsmassnahmen nachhaltig. Kinder und Jugendliche können zudem den manipulativen Charakter von Werbung zu wenig einschätzen und haben kaum die Möglichkeit, zur Tabakwerbung auf Distanz zu gehen. Insbesondere sind sie für Werbebotschaften empfänglich, die Traumwelten, Coolness, Erfolg und Sexappeal suggerieren, die Freiheit versprechen und Rauchen als Freizeitvergnügen darstellen.

Funktionieren denn andersherum Werbeeinschränkungen für Tabak in den Ländern, die diese eingeführt haben?
Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass durch Werbeeinschränkungen der Tabakkonsum in der Bevölkerung und insbesondere bei Jugendlichen deutlich gesenkt werden kann. Gute Beispiele dafür sind Belgien, Finnland, Frankreich, Irland, und England.

An den meisten Orten ist Tabakwerbung, die sich an Personen unter 18 Jahren richtet, schon lange verboten. Was will denn die Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» noch mehr?
Die Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten ist noch immer omnipräsent. Und nicht in erster Linie bei den klassischen Medien wie Kino und TV. Beispielsweise in den Verkaufsstellen, wo Tabakwerbung auf Augenhöhe von Kindern gleich neben den Süsswaren platziert wird. Eine grosse Rolle spielen auch Gratiszeitungen, das Internet und dort z.B. Onlineportale, wo Anzeigen umgeben von redaktionellem Text erscheinen sowie die Social Media-Kanäle – alle für Kinder und Jugendliche zugänglich. Im Kino ist Tabakwerbung übrigens gerade mal in zwei Kantonen verboten.     

Befürwortet denn die Schweizer Bevölkerung ein Tabakwerbeverbot? 
Laut einer Umfrage des BAG befürwortet eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung eine Verstärkung der strukturellen Massnahmen zur Tabakprävention: 64 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren unterstützen ein generelles Tabakwerbeverbot, auch für die Verkaufsstellen. 63 Prozent heissen ein allgemeines Verbot des Sponsorings von Kultur- und Sportanlässen durch die Tabakindustrie gut.

 

Prof. Dr. med. Alexander Möller: Pädiatrie, pädiatrische Pneumologie, Schlafmedizin (SSSSC) / Leitender Arzt; Leiter Abteilung Pneumologie, CF Zentrum, Kinder-Schlafzentrum, Universitäts- Kinderspital Zürich

Interview: Sandra Hügli-Jost, Kommunikationsbeauftragte MFE - Haus- und Knderärzte Schweiz
 

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